KIRCHEN UND KINO IM OSCAR

Das Projekt Filmtip Kirchen und Kino:

Ein Verhältnis zwischen heftiger Ablehnung und gesuchter Nähe. Dabei sind die Berührungspunkte größer als angenommen, denn zentrale Momente eines jeden Lebens: Liebe, Hoffnung, Treue, Hingabe, Vertrauen, Leiden, Sterben, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Lebens- und Liebessehnsucht sind die Themen des Films, zugleich aber auch Kernthemen christlichen Glaubens. Gründe genug, dass die Christen und der künstlerisch autonome Film sich gegenseitig wahrnehmen und ihr jeweils eigenes Wissen, wie denn Leben gelingen könnte, ins Gespräch bringen.

Kirchen + Kino. Der Filmtipp, ein ökumenisches Projekt, präsentiert Filme, die von der evangelischen und katholischen Filmarbeit in Deutschland und der Schweiz als Film des Monats bzw. als Kinotipp der katholischen Filmkritik hervorgehoben wurden. Es sind überzeugende Filme, die unabhängig von ihrer jeweiligen geistigen Beheimatung die Sehnsucht nach dem Anderen, nach einem ›Mehr des Lebens‹,
aufrecht erhalten.

Der Filmtipp zeigt gelungene Filme verschiedener Genres.

Der Filmtipp möchte anregen zum genauen Hinsehen und Lust am Sehen vermitteln, aufklären und zugleich pures Kinovergnügen bereiten.

Lassen Sie sich ein auf die Welt und die Welt des Kinos.

 

 

20.000 Arten von Bienen
am 27. Oktober um 18:00 Uhr

Land/JahrSpanien 2023
RegieEstibaliz Urresola Solaguren
DarstellerSofía Otero, Patricia López Arnaiz, Ane Gabarain, Itziar Lazkano, Sara Cózar, Martxelo Rubio u.a.
Länge128 Minuten
Altersfreigabe


Sehenswert ab 14

 

Mit großer Empathie und fast dokumentarischen Bildern erzählt der Film von der Suche eines achtjährigen Kindes nach sich und seiner Identität, die nicht mit der ihm zugedachten Rolle eines Jungen übereinstimmt. Während der Sommerferien im baskischen Heimatort seiner Mutter ringen aber auch die Erwachsenen mit sich und ihrem Dasein. 

Das achtjährige Kind einer baskischen Familie wehrt sich dagegen, als Junge betrachtet zu werden. Seine Eltern klammern sich zunächst an die Annahme, es nur mit einer Phase oder fixen Idee zu tun zu haben. Beim Urlaub im Heimatort der Mutter offenbart sich die Identitätskrise aber immer stärker. Derweil haben auch die anderen Familienmitglieder mit ihrem Dasein zu ringen. Ein vielschichtiges und differenziertes Drama, in dem die Identitätssuche eines Transkindes kunstvoll  mit den anderen Erzählsträngen um die Familie verwoben wird. Der realitätsnahe Ansatz versagt sich einfache Lösungen und zeigt das Ringen um den richtigen Umgang als liebevollen, aber auch herausfordernden Prozess.

 

 

Kinotipp der Katholischen Filmkritik (06 2023)

 

 

Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit (06 2023)

Mein fabelhaftes Verbrechen
am 24. November um 18:00 uhr

Land/JahrFrankreich 2023
RegieFrançois Ozon
DarstellerIsabelle Huppert, Nadia Tereszkiewicz, Dany Boon u.a.
Länge102 Min
AltersfreigabeSehenswert ab 14

 

 

 

 

 

 

 

Eine mittellose Schauspielerin wird im Paris der 1930er Jahre des Mordes an einem berühmten Produzenten beschuldigt, wird jedoch mit dem Argument der Notwehr freigesprochen. Der Prozess bringt Ruhm und Geld ein und ändert ihr Leben schlagartig. Großartig in Szene gesetzte, doppelbödige Krimikomödie, die temporeich unterhält und Geschlechterverhältnisse satirisch zuspitzt. 

 

Paris, 1935. Die junge, mittellose Schauspielerin Madeleine bekennt sich nach Absprache mit ihrer Zimmergenossin und Freundin, der ebenso mittel-losen jungen Anwältin Pauline, des Mordes an einem Filmproduzenten schuldig. Madeleine war zwar zur Tatzeit in dessen Villa, weswegen sie auch von der Polizei verdächtigt wird. Aber begangen hat sie den Mord nicht. Madeleine und Pauline jedoch wittern in einem Auftritt vor Gericht die Chance auf großes Medieninteresse und einen beruflichen Durchbruch. Der neue Film von François Ozon ist nicht nur ein Beitrag zur MeToo-Debatte, sondern auch eine  clevere Auseinandersetzung mit Medien und Öffentlichkeit. Vor allem stellt er auf äußerst fröhliche Art die Frage nach Freiheit und Selbstbestimmung.

 

Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit (07 2023)

Rose - Eine unvergessliche Reise nach Paris
am 22. Dezember um 18:00 Uhr

Land/JahrDänemark/Frankreich 2022
RegieNiels Arden Oplev
DarstellerSofie Gråbøl, Lene Maria Christensen, Anders W. Berthelsen, Søren Malling, Luca Reichardt Ben Coker, Peter Gantzler, Christiane G. Koch u.a.
Länge106 Minuten
AltersfreigabeSehenswert ab 14

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf einer Busreise mischt eine schizophrene Frau mit ihrer unverblümten Art die Reisegruppe auf. Schnell gerät ihre gesamte Familie zwischen die Fronten. Doch in Paris angekommen wird klar, dass alle ihr Päckchen zu tragen haben. Subtil-lakonische Wendungen und eine charismatisch-bezaubernde Hauptdarstellerin lassen trotz der Schwere des Themas Feel-Good-Momente zu.

 

Eine an Schizophrenie leidende Frau reist mit ihrer Schwester und deren Mann auf einer geführten Tour mit dem Bus nach Paris, wo sie dreißig Jahre zuvor eine unvergessliche Zeit verbrachte. Unterwegs und vor Ort mischt sie mit ihrer schonungslosen Offenheit die Mitreisenden auf und findet in einem jugendlichen Mitreisenden einen neugierigen und verständnisvollen Zuhörer. Ein tragikomisches Road Movie, grandios gespielt und behutsam inszeniert, das zwischen Empathie und Pathos, Klischees und Wahrhaftigkeit die Balance wahrt. Ebenso berührendes wie verstörendes Wohlfühlkino. 

 

Kinotipp der Katholischen Filmkritik (September 2023)

 

The Zone of Interest
am 26. Januar um 18:00 uhr

Land/JahrUSA/Großbritannien/Polen 2023
RegieJonathan Glazer
DarstellerSandra Hüller, Christian Friedel, Freya Kreutzkam, Ralph Herforth, Max Beck, Ralf Zillmann u.a.
Länge105 Minuten
AltersfreigabeSehenswert ab 14

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Familie Höß lebt im Sommer 1943 am Rande von Auschwitz in einer Villa und blendet das furchtbare Geschehen jenseits der KZ-Mauern aus. Aus der Diskrepanz zwischen biederer Bürgerlichkeit und dem Wissen um den industriell organisierten Massenmord erwächst eine schwer erträgliche Spannung, die diesen mit zwei Oscars ausgezeichneten Film zu einem Ereignis macht.

 

 

In den 1940er-Jahren bewohnt die Familie des KZ-Kommandanten Rudolf Höß in unmittelbarer Nachbarschaft zum Vernichtungslager ein Haus mit einem großen Garten. Als Höß versetzt werden soll, droht das Familienidyll zu zerbrechen. Seine Frau weigert sich, ihr »Traumhaus« zu verlassen. Das historische Drama fußt auf dem gleichnamigen Roman von Martin Amis und seziert in nüchternen, undramatischen Bildern die verstörende Normalität der Täter, die sich im Schatten der Todesfabrik ein Paradies erschaffen haben. Die Radikalität und Wucht des schockierenden Films resultieren aus seinen schwer erträglichen Kippbildern zwischen Alltag und Schrecken, in die die Realität der Vernichtung nur über die Tonspur dringt.

 

 

Kinotipp der Katholischen Filmkritik (Februar 2024) 


Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit (März 2024)

Morgen ist auch noch ein Tag
am 23. Februar um 18:00 Uhr

Land/JahrItalien 2023
RegiePaola Cortellesi
DarstellerPaola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli u.a.
Länge119 Minuten
AltersfreigabeSehenswert ab 14

Italien, 1946.

 

 

 

 

 

 

 

 In einem Wohnblock in Rom lebt eine dreifache Mutter in einer gewalttätigen Ehehölle und träumt davon, tief verinnerlichte patriarchale Strukturen aufzubrechen.  Mit enormen Einfallsreichtum gelingt Multitalent Paola Cortellesi ein flammendes Plädoyer für Selbstbestimmung, dass in Italien zum Kassenschlager avancierte. 

 

In einem römischen Wohnblock der Nachkriegszeit fristet die Ehefrau eines brutalen Mannes und Mutter von drei Kindern ein entbehrungsreiches Dasein, das geprägt ist von Arbeit, Verantwortung und Gewalt. Bis ein mysteriöser Brief eintrifft, der ihr den Mut gibt, alles über den Haufen zu werfen und sich ein besseres Leben zu wünschen. Das Regiedebüt der Multikünstlerin Paola Cortellesi, angesiedelt zwischen neorealistischem Drama, Musical und Komödie, proklamiert keinen Feminismus mit erhobenem Zeigefinger, sondern erzählt von den vielen kleinen Schritten auf dem langen Weg zur Emanzipation. Mit einem lakonischen, schulterzuckenden Humor gelingt ihr einer der erfolgreichsten Filme der italienischen Filmgeschichte. 

 

Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit (04 2024)

 

 

Green Border
am 23. März um 18:00 Uhr

Land/JahrPolen/Frankreich/Tschechien 2023
RegieAgnieszka Holland
DarstellerHaitham Omari, Luzer Twersky, Yussuf Abu-Warda, Makram J. Khoury u.a.
Länge152 Minuten
AltersfreigabeSehenswert ab 16

 

 

 

 

 

 

 

Die Regisseurin Agnieszka Holland wirft in ihrem Drama bedrückende Schlaglichter auf die Situation an der „grünen Grenze“ zwischen Polen und Belarus, über die Geflüchtete in die EU gelangen wollen. Dabei stellt sie die radikale Frage, wie weit wir zu gehen bereit sind bei der Abwehr von Menschen, deren Interesse ein besseres Leben oder das Überleben ist. 

 

An der Grenze zwischen Belarus und Polen wird die Flucht für eine syrische Familie sowie eine Frau aus Afghanistan angesichts der Brutalität, mit der die Migranten auf beiden Seiten zurückgetrieben werden, zur grotesken Höllenfahrt. Das in Schwarz-weiß gedrehte, multiperspektivisch angelegte Drama ist ganz auf die Vorgänge in den Wäldern entlang der Grenze konzentriert und zeichnet die Aushöhlung von Menschenrechten mit aller Härte nach. Die harsche Anklage der europäischen Asylpolitik vollzieht sich filmisch als unnachgiebiger ästhetischer Großangriff. Durch den Blick auf das zivilgesellschaftliche Engagement von polnischen Aktivistengruppen endet der Film dennoch auf einer hoffnungsvollen Note.

 

Kinotipp der Katholischen Filmkritik (Februar 2024) 


Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit (Februar 2024)

The Quiet Girl
am 27. April um 18:00 Uhr

Land/JahrIrland 2022
RegieColm Bairéad
DarstellerTCarrie Crowley, Andrew Bennett, Catherine Clinch, Michael Patric, Kate Nic Chonaonaigh u.a.
Länge96 Minuten
AltersfreigabeSehenswert ab 14

 

 

 

 

 

 

 

Im Frühjahr 1981 wird ein Mädchen zu Verwandten aufs Land gebracht. Das schweigsame Kind soll hier den Sommer verbringen, ohne ihren Eltern zur Last zu fallen. In der Obhut der Pflegefamilie blüht sie langsam auf und entdeckt ein ganz neues Leben. Ein wunderschöner Film über die Bedeutung von Geborgenheit und Vertrauen. 

Als erneut Nachwuchs ins Haus steht, wird ein von der Familie vernachlässigtes irisches Mädchen über die Sommerferien zu Verwandten geschickt. Dort erfährt es eine Wärme und Zuneigung, die es aus seiner schmerzhaften Erstarrung befreien. Und doch gibt es auch in der Idylle der irischen Provinz Schmerz und Verlust. Der leise, zurückhaltende Film über eine Kindheit und die Poesie eines Sommers benötigt nur wenige Dialoge und nähert sich mit sensibler Bildsprache der Wahrnehmung seiner Hauptfigur an. Wohltuend unaufdringlich fügt das Drama dem Kino eine seltene Erzählung über die Perspektive eines jungen Mädchens hinzu. 

 

Kinotipp der Katholischen Filmkritik (November 2023)